Deutsche bleiben vergleichsweise lange im Hotel Mama

Junge Menschen in Deutschland verlassen ihr Elternhaus im Schnitt erst mit 23,8 Jahren – deutlich später als etwa in Skandinavien.

           

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Ich bin mit 17 ausgezogen. Mir blieb wenig übrig. Damals war es so. Ich würde bei den Mieten, mein Kind nicht früh zum ausziehen drängen. Denn die Mieten sind soooo enorm hoch und falls sie das finanziell nicht stemmen können, weil sie studieren oder in einer Ausbildung sind, zahlt ja am Ende, zumindest zum Teil, ein oder beide Elternteile. Da die eigene Miete ja kaum noch bezahlbar ist, wird das nicht so leicht sein. Also wird man sehen, wenn es soweit ist, wie es kommt. Aber das muss nicht Hotel Mama sein. Ich hab auch mit 10 schon komplett mit geholfen und als ich ausgezogen bin, konnte ich kochen, war ordentlich, konnte mit Geld umgehen, hatte mein Geld im Griff, hab die Schule gemacht usw usw usw. Also es kommt auch etwas auf die Erziehung an. Und nicht alle Kinder, die Zuhause wohnen, lassen sich von vorn bis hinten bedienen. Und es bleiben immer die Kinder, also ein wenig verwöhnen, darf man immer. Egal ob sie bei einen wohnen, oder ausgezogen sind.


Traudel Schulze Klar, wenn man das Glück hat, dann kann man auch mit Freunden und Bekannten eine WG gründen! Allerdings gibt es auch Menschen, die das nach wie vor nicht möchten. Gerade Leute, die in sozialen Berufen studieren oder eine Ausbildung machen und rund um die Uhr Kontakt mit Menschen haben, dass diese dann auch dankbar sind, nach Feierabend in den eigenen vier Wänden mal alleine auspannen können, ohne, dass sich andere in der Wohnung befinden, kann ich verstehen. Für mich wäre das auch nichts. Da würde ich eher schauen, wie es mit dem Wohngeld aussieht und versuchen während der Ausbildung etwas zu finden, oder man wartet eben, dass ist aber jedem selber überlassen.


Also ich habe während des kompletten Studiums auch zu Hause gewohnt. BAföG Anspruch hatte ich nämlich nicht, da meine Eltern keine Schulden hatten und ich auch keine zig Geschwister. So viel Geld hatten meine Eltern nicht, um noch eine zweite kleine Wohnung mit allen Pipapo zu finanzieren. Ich habe zwar selbst neben dem Studium gejobbt, aber das Geld ging komplett für das Studium drauf dank Semestergebühren, Studiumsgebühren und Materialien, wie Bücher und Kopierkosten...

Klar hätte ich gerne eine eigene Wohnung gehabt, ging finanziell aber nicht. Und bevor ich mir mit Fremden Küche und Bad unter fragwürdigen Zuständen teile, habe ich lieber eine "WG" mit meinen Eltern gegründet. Zumal wir super dicht in Nähe der Uni gewohnt haben und ich selbst nie eine WG so nah gefunden hätte.


Meine erste Wohnung 1994 hat ca. DM 460 Miete gekostet. 2 Zimmer, 60 qm, mitten in Berlin idyllisch an der Spree gelegen. Berücksichtigt man den Faktor Inflation wären das heute ungefähr € 385. Für das Geld, bekommt man heute nicht einmal ein winziges WG Zimmer in Berlin. Ganz abgesehen davon, dass dort, wo Wohnraum knapp ist, Studenten und Azubis mit Menschen um Wohnungen konkurrieren, die sicherere und höhere Einkommen haben, da ziehen die jungen Menschen zwangsläufig den Kürzeren. Studenten und Azubis arbeiten ja bereits, aber auch deren Tag hat nur 24 Stunden. Um sich von einem Azubi Gehalt oder einem Studentenjob Wohnraum zu finanzieren reichen die Einkommensquellen, die sich ein junger Mensch. Ihr Tip zu arbeiten bringt daher ziemlich wenig.


Anja Hoppe als ich 2011 meine Ausbildung nach dem Abi begonnen hatte war ich ca. 20. vorher natürlich nur gekellnert für 5,50 die Stunde (damals normal). In der Ausbildung 1. Jahr war 700 Euro im Monat. Brutto! Glaub da waren vielleicht 450 noch netto oder so. Ey du kriegst da keine Wohnung für außer 1-Zimmer ohne Essen. Kannst du ohne Stütze nicht. Also eigentlich muss du obwohl du arbeitest zum Arbeitsamt und dort aufstocken. Selbst 3. Lehrjahr hat ich weniger als Hartz 4 wenn man die Miete bei einem Arbeitslosen mit einrechnet. Konnte nur zu Hause oder Arbeitsamt und die haben sogar damals gesagt, Nö sie müssen zu Hause bleiben außer es gibt zwingende Gründe. Dann war ich mit 23 ausgelernt.


Dirk Lützkendorf Richtig. Man muss aber auch dazusagen, dass wir als junge Menschen nicht in “Bruchbuden” gelebt haben, weil wir so bescheiden waren, sondern, weil wir uns nichts anderes leisten konnten. Diese Wohnungen gibt es aber schon lange nicht mehr. In Berlin war es in den 80ern kein Problem eine solche Wohnung zu finden: Nicht saniert und in Gegenden in denen niemand leben wollte. Diese Häuser sind aber mittlerweile Luxus saniert und aus Kreuzberg&Co. sind hippe Szeneviertel geworden. Genauso wie wir damals aus unseren komfortablen Kinderzimmern in Wohnungen mit Ofenheizung und wackelnden Kloschüsseln gezogen sind, würden das die jungen Menschen heutzutage auch gerne machen. Es ist nicht der gewohnte Komfort im Elternhaus, den sie nicht aufgeben wollen, sondern schlicht und ergreifend die Tatsache, dass es solche “Buden” eben einfach nicht gibt.


Mein Lehrlingsgeld betrag als Tischlerin 236,37€. Man, da kann ich mir ne richtige Wohnung leisten. Dann habe ich die Tischlerlehre aber abgebrochen, weil ich nur Fenstergriffe putzen durfte, also eine schulische Ausbildung, da konnte ich nichts verdienen. Und trotz abgeschlossener Ausbildung, keinen Job gefunden, weil ich keine 20 Jahre Erfahrung hatte, ergo, eine neue Ausbildung begonnen und abgeschlossen, aber das Lehrlingsgeld reichte zum Leben nicht. Und als ich dann endlich eine Festanstellung hatte, wo Studenten zwei Euro mehr verdient haben, als ich, die die Ausbildung hatte, habe ich mich auf die Suche nach einer bezahlbaren Wohnung gemacht und nur durch Vitamin B gefunden. Ich hatte finanziell also keine andere Wahl, als Hotel Mama zu wählen. Aber ja, schimpfen wir mal auf faule Kinder, die sich bei Hotel Mama einnisten.




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