(S+) 75 Jahre Grundgesetz: Wurden die Ostdeutschen nach der Wende übergangen?

Warum gab es bei der Wiedervereinigung keine neue, gemeinsame Verfassung? Die Historikerin Kerstin Brückweh hat erforscht, welche Chancen damals verpasst wurden und welche Folgen das bis heute hat.

           

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Die WIedervereinigung war völlig übereilt, aber von vielen Menschen und den meisten Parteien so gewollt. Besser wäre es gewesen, die Bürger im Osten erst einmal einen eigenen demokratischen Staat aufbauen zu lassen, sie dabei zu unterstützen und nach zehn oder 15 Jahren auf Augenhöhe über eine Wiedervereinigung zu reden. Das hätte aber zum Ausbluten der DDR geführt, "kommt die D-Mark bleiben wir, kommt sie nicht gehen wir zu ihr" war damals ein weit verbreiteter Slogan. Dabei wurde übersehen, dass man Demokratie gepaart mit Kapitalismus überhaupt nicht kannte, man wusste nicht, worauf man sich genau einlässt. Die Parteien, die damals Vorsicht angemahnt haben, wurden in der ersten gesamtdeutschen Wahl abgestraft, die CDU unter Kohl, die den Menschen mit "blühenden Landschaften" Sand in die Augen gestreut haben, waren die großen Gewinner. Ohne die Wiedervereinigung wäre Kohl bei der Wahl für seine zahlreichen Skandale abgewählt worden.


Die These ist völlig an der damaligen Realität vorbei. Damals musste alles schnell gehen. Der ganze Prozess von der Wende im Herbst 89 über den 2+4 Vertrag bis zur Wiedervereinigung im Oktober 90 hat nur ein Jahr gedauert. Hätte man einen basisdemokratischen Prozess anfangen um eine neue Verfassung zu schreiben, hätte das Jahre gedauert.
Die damalige Regierung hat sich aber, völlig zu Recht, sehr beeilt, da keiner wusste wie lange das Fenster für die Wiedervereinigung offen bleiben würde. Schon im August 1991 gab es einen Putsch in Moskau …

Die Entfremdung von der Demokratie und die Spaltung in Deutschland haben ganz andere Ursachen als ein Gesetzeswerk. Es geht mehr um den Stolz. In Sachen Industrie ist praktisch kein Stein mehr auf dem anderen geblieben. In jeder Familie haben Leute ihre Jobs verloren und arbeiten jetzt unter westdeutschem Management. Ganze Jahrgänge von Schulabsolventen sind in den Westen gegangen. …


ein irrtum dem die ostdeutschen und andere osteuropäische völker aufsaßen, war, daß ein zusammenwachsen mit dem "westen" kein dialektisches geben und nehmen ist.
der westen denkt so nicht, sondern er ist gnadenloser nutzenmaximierer. er wird dir kein zugeständnis machen, wenn du einen schritt zurückweichst und einen kompromiss suchst, sondern er wird auf jedes zurückweichen mit hemmungslosem nachsetzen reagieren.

die folgen davon sehn wir jetzt.

und die DDR wurde ala farbrevolution wieder von den alten/neuen kolonialherren in besitz genommen und dementsprechend behandelt.
der osten war naiv und kohl wusste, warum er so aufs tempo drückt - die naivität wird schnell verfliegen und eine zustimmung zur "brd" schnell sinken, was dann auch geschah.

aber nichts währt ewig dieser zustand sicher nicht


Christian Schneider Ich denke, das trifft den Punkt. Das Zeitfenster war klein. Man musste schnell handeln. Das Grundgesetz enthält alle wichtigen Aspekte für ein vernünftiges Zusammenleben. Dass der Arbeitsmarkt umgekrempelt wurde, lag in der Natur der sozialistischen Wirtschaft: Angebot und Nachfrage wurden nicht beachtet, Konjunkturkurven waren offiziell unbekannt und am Brettfallhammer aus dem 19 Jh. eines Schmiedewerkes arbeiteten an die 10 Werktätigen und an den Maschinen aus dem kapitalistischen Ausland arbeiteten 2 Werktätige, die Produktivität war also viel schlechter. Die ostdeutsche Gesellschaft war eine Zweckgemeinschaft, wo man sich gegenseitig half, um begehrte Güter zu erhalten. Leider werden diese und andere Fakten immer vergessen.




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